Allergieprävention

Dr. Roger Lauener

Allergologie, Universitäts-Kinderklinik, Zürich

September 29, 2021

PRÄVENTION: WORUM GEHT ES DABEI?

Allergien haben in den letzten Jahrzehnten an Häufigkeit zugenommen und gehören heute zu den häufigsten Kinderkrankheiten. Bei der Behandlung von allergischen Erkrankungen wurden einige Erfolge erzielt. Die meisten Behandlungen sind jedoch nur in der Lage, die negativen Folgen einer Allergie zu verhindern und die Symptome zu unterdrücken. Ursächliche Behandlungen, wie die Desensibilisierungstherapie, sind kostspielig und nur bei bestimmten Allergien möglich. Vorbeugende Maßnahmen zur Vermeidung von Allergien sind daher besonders wichtig. Viele Aspekte der Prävention werden derzeit intensiv erforscht, manches ist noch unklar. Mit einfachen Maßnahmen lässt sich aber schon viel erreichen.

Die Erfahrung hat gezeigt, dass einige Allergene bei Säuglingen besonders wahrscheinlich allergische Erkrankungen auslösen. Einige dieser Allergene können durch einfache Maßnahmen zumindest reduziert werden. Darüber hinaus ist die frühe Kindheit, insbesondere das erste Lebensjahr, prägend für die Entwicklung von Allergien. So ist es besonders sinnvoll, bestimmte Lebensmittel verzögert einzuführen, denn die meisten Allergien gegen Lebensmittel im Kindesalter entwickeln sich ebenfalls im ersten Lebensjahr; ältere Kinder entwickeln selten neue Lebensmittelallergien.

WELCHE VORBEUGENDEN MASSNAHMEN SCHÜTZEN VOR ALLERGIEN?

Lebensmittel

Alle Kinder sollten so lange wie möglich gestillt werden. Einige neuere Studien haben jedoch nur eine begrenzte Wirkung des Stillens auf die Vorbeugung von Allergien gezeigt. Da Muttermilch aber auch aus vielen anderen Gründen die optimale Ernährung für das Neugeborene ist, wird das Stillen weiterhin dringend empfohlen.

Wenn das Stillen nicht oder nicht ausreichend möglich ist, können Muttermilchersatzprodukte verabreicht werden. Bei Kindern mit erhöhtem Allergierisiko (d.h. das Kind hat ein oder zwei Verwandte ersten Grades mit Allergien) sollten spezielle Säuglingsmilchpräparate (sog. HA-Milchpräparate; HA = hypoallergen) verwendet werden, vor allem in den ersten 4 bis 5 Monaten. Zusätzliche Nahrungsmittel (Beikost) sollten ab dem 5. bis 6. Monat eingeführt werden. Pro Woche sollte nur ein neues Nahrungsmittel in den Speiseplan des Kindes aufgenommen werden. Reagiert ein Kind dennoch allergisch, weiß man, auf welches Lebensmittel es allergisch reagiert und kann es meiden.

Bei Kindern mit erhöhtem Allergierisiko ist es außerdem ratsam, Lebensmittel zu meiden, von denen bekannt ist, dass sie im ersten Lebensjahr besonders häufig Allergien auslösen. Dies sind vor allem Milchprodukte, Hühnereier und Fisch. Nuss- und erdnusshaltige Lebensmittel sollten in den ersten drei Lebensjahren sogar gemieden werden. Ist die familiäre Vorbelastung mit Allergien besonders hoch, kann eine individuelle Beratung hilfreich sein: Je nach Situation kann es sinnvoll sein, im ersten Lebensjahr weitere Lebensmittel zu meiden und weitere Maßnahmen zu ergreifen. Sind keine Allergien aufgetreten, können die oben genannten Lebensmittel nach dem ersten Lebensjahr gegeben werden: Bis dahin sind Immunsystem und Darm so weit ausgereift, dass in der Regel keine neuen Allergien auf Lebensmittel im Verdauungstrakt entstehen.

Treten dagegen trotz der vorbeugenden Maßnahmen im ersten Lebensjahr Allergien auf, ist es sinnvoll, einen Facharzt zu konsultieren, um das weitere Vorgehen zu bestimmen.

Hausstaubmilben

Hausstaubmilben sind besonders wichtige Allergene. Sie können nicht nur zu Allergien der Atemwege wie Asthma und Heuschnupfen führen, sondern auch Neurodermitis (atopische Dermatitis) verschlimmern. Hausstaubmilben gedeihen am besten in warmem, feuchtem Klima. Die folgenden einfachen Maßnahmen helfen, Hausstaubmilben zu reduzieren.

Auch abseits von Allergien tragen diese Maßnahmen zu einem gesunden Wohnumfeld für Babys bei:

  • 2 – 3 Mal am Tag lüften. Staubsaugen 2 – 3 Mal pro Woche
  • Räume nicht zu sehr aufheizen; vor allem im Schlafzimmer ist eine Raumtemperatur von 18 Grad ausreichend
  • Bettwäsche bei 60 Grad waschen – Nur ein oder zwei Stofftiere im Kinderbett (es gibt Stofftiere, die bei 60 Grad gewaschen werden können)

Rauchen

Nicht nur aktives Rauchen, sondern auch Passivrauchen schädigt die Atemwege. Kinder, die in einer Umgebung aufwachsen müssen, in der geraucht wird, leiden häufiger an Erkrankungen der Atemwege. Die Reizung der Atemwege durch Tabakrauch trägt entscheidend zum Leiden von Kindern mit Allergien bei. Hören Sie also Ihren Kindern zuliebe mit dem Rauchen auf oder rauchen Sie zumindest nicht in der Wohnung.

Umwelt, Haustiere und Allergien

Kürzlich sind Studien erschienen, die zeigen, dass Kinder, die auf einem Bauernhof aufwachsen, weniger Allergien haben als Kinder, die nicht auf einem Bauernhof aufgewachsen sind; außerdem sind Berichte erschienen, die zeigen, dass Kinder, die in den ersten Lebensjahren mit zwei oder mehr Katzen oder Hunden aufgewachsen sind, im Schulalter weniger Allergien haben als Kinder, die keine Haustiere haben. Dies hat zu viel Verwirrung geführt: Sollten wir die Haltung von Haustieren empfehlen?

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Bis vor kurzem lautete die kategorische Empfehlung für Allergiker, Haustiere zu meiden. Das gilt nach wie vor, wenn jemand zum Beispiel bereits auf Katzen allergisch ist. Weniger klar ist, ob es sinnvoll ist, vorbeugend auf Haustiere zu verzichten, wenn man Nachwuchs erwartet. Sollte man sich ein neues Haustier zulegen, wenn ein Baby im Haus ist? Davon raten wir nach wie vor ab.

Ob ein Haustier, das seit vielen Jahren in der Familie lebt, weggegeben werden sollte, um die Entwicklung einer Allergie zu verhindern, wenn eine Familie ein neues Baby bekommt, muss individuell besprochen werden. Die genauen Faktoren, die dazu führen, dass Bauernhofkinder weniger unter Allergien leiden als ihre Haustiere, werden noch erforscht. Es ist zu hoffen, dass man daraus lernen kann, wie auch Kinder, die nicht auf einem Bauernhof aufwachsen, vor Allergien geschützt werden können.

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Impfungen und Allergien

Oft wird angenommen, dass Impfungen die Entstehung von Allergien fördern. Verschiedene große Studien haben gezeigt, dass dies nicht zutrifft. In Finnland wurde zum Beispiel festgestellt, dass Erwachsene, die als Kinder gegen Masern geimpft wurden, weniger Allergien hatten als diejenigen, die nicht geimpft waren und die Masernerkrankung durchmachen mussten. Impfungen gegen Kinderkrankheiten erhöhen das Allergierisiko nicht!

Weitere Maßnahmen

Die oben genannten Maßnahmen sind einfach und wirksam. Sie richten sich vor allem an gesunde Kleinkinder, die ein erhöhtes Risiko haben, im Laufe ihres Lebens Allergien zu entwickeln. Es schadet nicht, sie anzuwenden, auch wenn niemand in der Familie Allergien hat. Allerdings kann es sinnvoll sein, weitere Maßnahmen zu ergreifen, wenn Familienmitglieder unter besonders schweren Allergien leiden. Noch wichtiger ist es zu klären, ob zusätzliche Maßnahmen notwendig sind, wenn das Kind bereits im Säuglingsalter an einer allergischen Erkrankung, z.B. Neurodermitis, leidet. In diesem Fall sind allergologische Untersuchungen und eine gezielte Beratung durch einen Arzt, der Erfahrung mit Kindern und Allergien hat, oft sinnvoll.

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